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Entwicklungen im Nebenstrafrecht.

Online-Bestellung von Medikamenten wie Sildenafil: Zulässigkeit, Swissmedic-Praxis und rechtliche Risiken

Viele Schweizerinnen und Schweizer liebäugeln damit, Potenzmittel wie Sildenafil (Viagra) bequem online im Ausland zu bestellen. Die Verlockung ist gross: diskrete Lieferung, oft günstigere Preise und kein Arztbesuch. Doch was vielen nicht bewusst ist: Unter Schweizer Recht ist die Bestellung von Medikamenten im Internet nur unter strengen Auflagen erlaubt. Im Folgenden beleuchten wir die gesetzlichen Bestimmungen, die Praxis von Swissmedic und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) sowie das straf- und verwaltungsrechtliche Risiko für Privatpersonen, die Online-Arzneien ordern.

Was ist erlaubt? – Die Rechtslage in der Schweiz

Die schweizerischen Heilmittelgesetze setzen klare Grenzen: Privatpersonen dürfen Medikamente aus dem Ausland grundsätzlich nur in kleinen Mengen und ausschliesslich für den Eigengebrauch importieren. Konkret ist höchstens ein therapeutischer Monatsbedarf pro Sendung zulässig. Beispielsweise entspricht dies bei Potenzmitteln einem Monatsbedarf von maximal 3000 mg Sildenafil (ca. 30 Tabletten à 100 mg); ähnliche Grenzen gelten für andere PDE-5-Hemmer wie Tadalafil oder Vardenafil. Eine Bestellung für Dritte (Freunde, Bekannte) ist dagegen ausdrücklich verboten.

Auch für gewisse Wirkstoffgruppen bestehen striktere Regeln: Enthält das Medikament Betäubungsmittel (etwa starke Schlaf- oder Schmerzmittel), ist ein Postversand an Private gar nicht erlaubt. Bei Dopingmitteln gilt sogar eine Nulltoleranz – hier gibt es keinerlei erlaubte Eigenbedarfs-Menge.

Diese Einschränkungen dienen dem Schutz der Gesundheit und der Arzneimittelsicherheit. Versandapotheken im Ausland umgehen die Schweizer Zulassungs- und Kontrollverfahren. Ohne schweizerische Zulassung ist die Qualität und Echtheit der Präparate fraglich. Swissmedic rät deshalb, keine verschreibungspflichtigen Medikamente auf unsicheren Webseiten zu kaufen, sondern im Zweifel den legalen Weg zu gehen – etwa über Schweizer Apotheken, die offiziell zugelassen sind (einige bieten auch Online-Bestellungen mit Rezept an).

Praxis von Swissmedic und BAG: Kontrollen und Zahlen

Die Überwachung des Medikamentenimports erfolgt durch Swissmedic in Zusammenarbeit mit dem Zoll (BAZG) und unter Mitwirkung des BAG. In den letzten Jahren wurden tausende illegale Medikamentensendungen am Zoll abgefangen. Das häufigste Schmuggelgut: Erektionspillen wie Sildenafil.

Swissmedic berichtet, dass seit Jahren Potenzmittel mit Abstand am häufigsten unter den illegal importierten Arzneimitteln vertreten sind. So wurden allein 2024 rund 5’668 Sendungen mit unerlaubten Medikamenten sichergestellt (etwa 15 % weniger als im Vorjahr). Über die Hälfte dieser beschlagnahmten Pakete enthielt Potenzmittel – in früheren Jahren lag der Anteil sogar bei rund 80 %.

Neben Viagra & Co. machen Swissmedic zufolge auch Psychopharmaka, Schlafmittel, Hormone (z.B. Melatonin) sowie Lifestyle-Präparate (Schlankheits- und Haarausfallmittel) einen grossen Teil der aufgedeckten Lieferungen aus. Die Absender sitzen oft im Ausland – beliebt sind Osteuropa, Indien und asiatische Länder – und versuchen, via Briefpost oder verschleierte Absender die Schweizer Kontrollen zu umgehen.

Swissmedic veröffentlicht regelmässig Warnungen zu diesem Thema. Analysen beschlagnahmter Viagra-Fälschungen zeigen, dass viele dieser illegalen Potenzpillen überdosiert oder mit falschen Inhaltsstoffen versetzt sind. Konsumenten riskieren somit nicht nur rechtliche Konsequenzen, sondern auch gravierende Gesundheitsschäden. So musste 2023 ein Mann mit einer stundenlangen Dauererektion und Vergiftungserscheinungen ins Spital eingeliefert werden, nachdem er im Internet bestellte „Viagra“ eingenommen hatte – das Präparat enthielt ein Vielfaches der üblichen Dosis Sildenafil. Fälle wie dieser unterstreichen, warum die Behörden hart gegen den illegalen Arzneiversand vorgehen.

Straf- und verwaltungsrechtliche Folgen für private Besteller

Welche Konsequenzen drohen, wenn man dennoch verbotenerweise Medikamente online bestellt? Zunächst gilt: Wird eine Sendung vom Zoll abgefangen, erhält der Empfänger Post von Swissmedic. In einem Brief mit dem Betreff „Unzulässige Einfuhr von Arzneimitteln“ wird mitgeteilt, dass die Bestellung nicht den Vorschriften entspricht. Die Ware wird in der Regel beschlagnahmt und vernichtet.

Der Besteller hat zwar theoretisch die Möglichkeit, die Rechtmässigkeit der Einfuhr zu belegen – was bei klar verbotenen Bestellungen (etwa rezeptpflichtige Medikamente ohne Bewilligung) kaum gelingt. Ansonsten verfällt das Medikament ersatzlos.

Zudem wird ein Verwaltungsverfahren eröffnet: Swissmedic stellt dem Besteller die Kosten für den Aufwand in Rechnung. Mindestens 300 CHF Gebühren werden fällig, selbst im einfachsten Verfahren. Bei erstmaligem Verstoss bleibt es oft bei dieser Verwarnung plus Kostenauflage – man spricht vom vereinfachten Verfahren, das in ca. 85 % der Fälle zur Anwendung kommt. Wiederholungstäter hingegen müssen mit einem ordentlichen Verfahren rechnen: 2024 führte Swissmedic 260 solcher Verfahren durch, meist gegen Personen, die trotz vorheriger Warnung erneut bestellt hatten. Dies kann mit höheren Gebühren oder Bussen enden.

Steigert sich die Schwere der Widerhandlung, drohen strafrechtliche Sanktionen. Schon der vorsätzliche Import von nicht zugelassenen Arzneimitteln erfüllt einen Straftatbestand gemäss Heilmittelgesetz (HMG). Theoretisch sieht das Gesetz für gewerbsmässigen oder gesundheitsgefährdenden Medikamentenschmuggel Freiheitsstrafen von bis zu 3 Jahren vor.

In der Praxis werden private Einzelfälle jedoch meist als Übertretung mit Geldbusse behandelt – maximal bis zu 50’000 CHF Busse sieht Art. 87 HMG für Widerhandlungen im Eigengebrauch vor. Dennoch ist ein Strafregistereintrag nicht ausgeschlossen: Swissmedic zeigt insbesondere schwerwiegende Fälle bei der kantonalen Staatsanwaltschaft an.

Im Jahr 2024 wurden 32 Strafverfahren direkt von Swissmedic geführt und sogar 130 Fälle (darunter viele mit betäubungsmittelhaltigen Medikamenten) an Staatsanwälte weitergeleitet. Wer wiederholt oder in grossem Umfang verbotene Arznei bestellt, muss damit rechnen, strafrechtlich verfolgt zu werden – im Wiederholungsfall kann auch Fahrlässigkeit teuer werden.

Fazit: Augen auf beim Online-Medikamentenkauf

Die Bestellung von Sildenafil und anderen Medikamenten per Mausklick klingt verlockend, birgt aber erhebliche Risiken. Unter Schweizer Recht drohen nicht nur die Einziehung der Ware und empfindliche Geldbussen, sondern bei wiederholtem Verstoss auch Strafverfahren. Zusätzlich steht die Gesundheit auf dem Spiel, wenn man fragwürdige Präparate unbekannter Herkunft einnimmt.

Verbraucher sollten sich dieser Gefahren bewusst sein. Der sicherste Weg ist der Gang zum Arzt und die legale Bezugsquelle über eine Apotheke. Wer dennoch online bestellt, sollte mindestens darauf achten, die gesetzlichen Importlimiten einzuhalten und nur bei seriösen Anbietern (z.B. kontrollierten Schweizer Versandapotheken) zu kaufen – auch wenn ein verlockendes Internetangebot noch so attraktiv erscheint.

Quellen:

  • Swissmedic – Illegale Arzneimittelimporte (FAQ): Erläuterungen zur erlaubten Einfuhr (Monatsbedarf, PDE-5-Hemmer)swissmedic.chswissmedic.ch

  • Swissmedic – Warnung vor Erektionsförderern aus illegalen Quellen (21.04.2023): Häufigkeit illegal importierter Potenzmittel, Gesundheitsfallswissmedic.chswissmedic.ch

  • Swissmedic – Medienmitteilung: Illegale Arzneimittelimporte 2024 (14.02.2025): Statistik 2024 (5’668 Sendungen; 57 % Erektionspillen)swissmedic.chswissmedic.ch

  • Swissmedic – FAQ: Risiko bei Internetkauf (Stand 2025): Folgen illegaler Importe (Vernichtung, Gebühren, Strafverfahren)swissmedic.chswissmedic.ch

  • Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte (HMG), Art. 86–87: Strafbestimmungen (bis 3 Jahre Freiheitsstrafe; Übertretung bei Eigengebrauch bis 50’000 CHF Busse)wipo.intwipo.int

Dan Pruschy