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Entwicklungen im Nebenstrafrecht.

Versuchter Drogenhandel über das Darknet mit milder Strafe

Sachverhalt:
Ein 28-jähriger Schweizer bezog 2019 verschiedene Betäubungsmittel über das Darknet zum Eigenkonsum, darunter Kokain, Amphetamine und Ecstasy. Im Jahr 2020 entschloss er sich, mit dem Konsum aufzuhören. Anstatt die restlichen Drogen zu vernichten, wollte er sie zu Geld machen. Er kontaktierte im Darknet einen unbekannten Vermittler, der ihm anbot, einen Onlineshop für die Drogen einzurichten. Der Angeklagte sollte 80 % des Erlöses erhalten. Er fotografierte die Drogen, etikettierte sie und verschickte sie – zu einem tatsächlichen Verkauf kam es jedoch nie.

Bei einer Hausdurchsuchung entdeckten die Behörden die erwähnten Drogenmengen sowie ein verbotenes Springmesser und eine Stichwaffe. Die Staatsanwaltschaft klagte ihn wegen versuchten Drogenhandels und Besitzes von Betäubungsmitteln (Verbrechen und Übertretung gemäss BetmG) sowie wegen Verstosses gegen das Waffengesetz (illegaler Waffenbesitz) an.

Rechtliche Einordnung:
Nach dem Betäubungsmittelgesetz (BetmG) ist unter anderem der Handel mit Rauschgift strafbar (Art. 19 BetmG). Aufgrund der erheblichen Mengen und der konkreten Verkaufsvorbereitungen (Onlineshop, Versandpläne) war der Tatbestand des versuchten Handels (Art. 20 BetmG) erfüllt – ein Verbrechen. Der Besitz der Waffen verstösst gegen Art. 10 Abs. 1 lit. b WG (Verbot bestimmter Messerarten).

Urteilsbegründung:
Die Staatsanwaltschaft beantragte eine bedingte Freiheitsstrafe von 22 Monaten sowie eine Busse von 300 Franken. Das Gericht berücksichtigte strafmindernd, dass sich der Täter noch im Vorbereitungsstadium befand und glaubhaft nachgewiesen hatte, vom Drogenkonsum Abstand nehmen zu wollen. Straferschwerend wirkten die potenzielle Gefährdung Dritter (durch Kokain) und der Waffenbesitz.

Das Richterkollegium bezeichnete das Strafmass als «sehr milde», jedoch noch vertretbar. Der Angeklagte erhielt eine bedingt ausgesetzte Freiheitsstrafe und musste die Verfahrenskosten tragen.

Dogmatische Bewertung:
Die nicht publizierte Entscheidung ist sowohl verfahrens- als auch materiellrechtlich unproblematisch. Der Tatbestand des versuchten Drogenhandels wurde rechtskonform angewendet. Die in den Medien erwähnte Therapie spielte im Urteil selbst keine eigenständige Rolle. Die Strafzumessung erfolgte nach den Kriterien der Tatfolgen, des Vorlebens und des Geständnisses (vgl. Art. 47–50 StGB).

Allenfalls lässt sich moralisch argumentieren, der Täter habe versucht, seine Drogen «verantwortungsvoll» zu veräussern – was jedoch rechtlich irrelevant bleibt. Das Gericht betonte offendbar die fehlende Umsetzung des Handels und die Kooperation des Angeklagten.

Abschliessende Würdigung:
Der Fall ist exemplarisch für viele Darknet-Drogendelikte: Auch ein nicht vollendeter Handel führt zu einer Verurteilung. Die eher milde Strafe ist angesichts der Mengen ungewöhnlich, aber nachvollziehbar – insbesondere aufgrund der fehlenden Übergabe und der Kooperation des Täters.

Der Fall zeigt ein Spannungsfeld auf: Der Schutz der Gesellschaft vor Drogenhandel ist zentral, gleichzeitig gewichtet die Justiz Aspekte wie Entzug und Resozialisierung im Rahmen üblicher Strafmilderung.

Letztlich zielte das Gericht auf eine abschreckende Wirkung ab: Auch ein geplanter, aber nicht umgesetzter Drogenhandel bleibt strafbar – jedoch ohne den Täter unverhältnismässig hart zu bestrafen. Die sogenannte «milde Strafe» zeigt, dass Gericht und Politik differenzieren: Der Schutz der Gesellschaft bleibt vorrangig, doch Resozialisierung und Therapie werden – im Einzelfall – angemessen gewürdigt.

Quelle: Kreisgericht St.Gallen: Drogen im Darknet verkaufen wollen